27.07.2016 10:28

Immer weniger Rechtsanwälte wollen ausbilden


Soldan Institut arbeitet an umfassender Studie Kanzleimitarbeitern

Das Problem ist bekannt: Seit Jahren sinkt die Zahl der Fachangestellten in den Kanzleien. Gleichzeitig gibt es in Deutschland immer mehr Rechtsanwälte. Grund genug, um sich auf dem diesjährigen Deutschen Anwaltstag (DAT) Anfang Juni in Berlin auch einmal diesem wichtigen Thema zu widmen. Denn die Zahlen, die Prof. Dr. Matthias Kilian auf der Veranstaltung „Rückgang der Ausbildungsplätze in Anwaltskanzleien – Personalnotstand für qualifizierte Mitarbeiter in der Zukunft“ präsentierte, sind alarmierend. „Im Jahr 1980 wurden von rund 36.000 in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälten noch mehr als 10.000 Ausbildungsverträge im Berufsfeld ReNo abgeschlossen, im Jahr 2014 waren es hingegen nur noch etwas mehr als 5.000 Ausbildungsverträge von etwas mehr als 160.000 Rechtsanwälten“, berichtete der Direktor des Soldan Instituts. Gleichzeitig würden immer mehr Ausbildungsverträge aufgekündigt. Nur 54 Prozent derjenigen, die erfolgreich die Ausbildung absolviert haben, erinnern sich positiv an die Ausbildungszeit. Die Hälfte moniert, dass man sich in der Kanzlei zu wenig Zeit für sie genommen habe. Mehr als drei Viertel (78 Prozent) findet die Ausbildungsvergütung nicht angemessen.

Das sind erste Ergebnisse einer umfangreichen Studie über Mitarbeiter in Anwaltskanzleien, die das Soldan Institut begonnen hat. Unter der für diesen Zweck eingerichteten Onlineplattform ­mitarbeiter-in-anwaltskanzleien.de können Mitarbeiter an der Befragung teilnehmen. Auf ­befragung-kanzleipersonal.de können sich Rechtsanwälte zu Wort melden. Während sich die Mitarbeiter rege melden würden, sei die Beteiligung der Rechtsanwälte schleppend, konstatiert ­Kilian. Das Problem „Personalnotstand in Kanzleien“, so scheint es zumindest, interessiert die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (noch) nicht besonders.

Vergütung zu niedrig

Gleichwohl war sich die Mehrheit der Teilnehmer an der DAT-Veranstaltung einig, dass sie auf qualifiziertes Fachpersonal in ihren Kanzleien keineswegs verzichten können und etwas getan werden müsse, um die Attraktivität dieses Berufes wieder zu stärken. Als zentrales Problem wurde auch in Berlin immer wieder der geringe Verdienst genannt. Das betrifft nicht nur die Vergütung während der dreijährigen Ausbildungszeit. Auch danach sind die Verdienstmöglichkeiten der ReNos in den Kanzleien mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 1.900 Euro gering. Vielen seien auch die beruflichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten zum Rechtsfachwirt nicht bekannt.

Mehr Engagement nötig

Es sei zudem bislang versäumt worden, das Positive an diesem Beruf in der Öffentlichkeit herauszustellen, bedauerte Ronja Tietje, Vorstandsmitglied des ReNo-Bundesverbandes. Die Anwesenden sahen in diesem Zusammenhang auch die Kammern stärker in der Pflicht: Sie könnten die Berufsschulen mehr unterstützen, ­„Ausbildungsbotschafter/innen“ in die Realschulen und Gymnasien schicken, Praktikumsbörsen für Schüler und Schülerinnen initiieren. Kurz diskutiert wurden auch die Ideen, die Ausbildung mit einem höheren Schulabschluss wie dem Abitur zu kombinieren oder ein Ausbildungsangebot in Teilzeit zu schaffen.