17.11.2011 10:18

Rechtsanwälte lehnen Fremdbesitz von Anwaltskanzleien mehrheitlich ab


Die deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte lehnen es mehrheitlich ab, dass sich berufsfremde Investoren künftig an Anwaltsgesellschaften beteiligen können. Eine entsprechende Möglichkeit besteht seit Kurzem in England, dem wichtigsten europäischen Rechtsdienstleistungsmarkt. Nach einer Studie des Soldan Instituts sprechen sich mehr als zwei Drittel der Anwaltschaft dagegen aus, in Deutschland vergleichbare Möglichkeiten zu schaffen.

Im Rahmen der Befragung zum Berufsrechtsbarometer 2011, dessen Ergebnisse in dieser Woche auszugsweise in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) veröffentlicht worden sind, lehnen 69% der befragten Berufsträger eine Lockerung der strengen berufsrechtlichen Vorgaben, wer Gesellschafter einer Anwaltsgesellschaft sein darf, ab. Mit 16% spricht sich nur eine relativ kleine Minderheit der Teilnehmer der Studie dafür aus, künftig berufsfremde Gesellschafter zuzulassen – 6% würden diese Möglichkeit nur Familienangehörigen eröffnen, 4% lediglich Minderheitsbeteiligungen zulassen. Für den Verzicht auf jegliche Vorgaben nach englischem Vorbild sprechen sich 6% der Befragten aus (den übrigen 15% wäre eine Änderung des Status Quo egal).

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, relativiert die Ergebnisse allerdings: "Überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber Fremdkapital sind jüngere Rechtsanwälte aus überörtlichen und insbesondere internationalen Sozietäten. Dies kann darauf hindeuten, dass mit dem sukzessiven Ausscheiden älterer Berufsangehöriger aus der Anwaltschaft und dem Nachrücken jüngerer Berufskollegen im Verlauf der nächsten Jahre die Zustimmung zur Fremdkapitalisierung zunimmt.“ Kilian weist auch darauf hin, dass für eine Zunahme des Reformdrucks die deutlich überdurchschnittliche Zustimmung in den häufig stark meinungsbildenden Großkanzleien spricht. Diese Kanzleien könnten in den kommenden Jahren gezwungen sein, auf Entwicklungen in England zu reagieren.

In England hat der Gesetzgeber im November 2011 die Möglichkeit zur Gründung sog. „Alternative Business Structures“ eröffnet. In solchen „ABS“ dürfen Anwälte mit beliebigen anderen Berufen zusammenarbeiten, die Gesellschaften können zudem im Besitz von Berufsfremden stehen.

Hinweis für die Redaktionen: Für das Berufsrechtsbarometer 2011 wurden im Frühsommer 2011 bundesweit 1.200 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte befragt. Die Ergebnisse sind auszugsweise im Heft 47/2011 der im Verlag C.H. Beck erscheinenden Neuen Juristischen Wochenschrift erschienen. Das Berufsrechtsbarometer ist eine zweijährlich erfolgende Befragung der deutschen Anwaltschaft zu ihrer Einstellung zu aktuellen Reformdiskussionen im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts.


Ansprechpartner
Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian
Weyertal 59
50937 Köln

Tel.: 0221 5481 1123
Fax: 0221 5481 1125
Mobil: 0177 884 5827

E-Mail: kilian@soldaninstitut.de