14.08.2012 16:10

81% der Anwälte bearbeiten Prozesskostenhilfemandate – 18% aller gerichtlichen Mandate auf der Basis von PKH


81% aller Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bearbeiten Prozess- und Verfahrenskostenhilfemandate. Dies hat das Soldan Institut in einer Studie zur Fremdfinanzierung anwaltlicher Rechtsdienstleistungen ermittelt. Die Bedeutung solcher Mandate in deutschen Anwaltskanzleien variiert allerdings stark: Bei 28% der Rechtsanwälte liegt der Anteil von Mandaten, für die aufgrund entsprechender Bedürftigkeit der Rechtsuchenden Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, unter 5%, bei einem Fünftel hingegen über 30%.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Nicht überraschend ist, dass Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfemandate aufgrund der für sie im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehenen ermäßigten Gebühren unterdurchschnittlich ertragsstark sind. Zwar beruhen nach unserer Studie 18% der Mandate auf Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, sie generieren aber nur 15% des anwaltlichen Umsatzes.“

Auffällig sind geschlechtsspezifische Unterschiede: Rechtsanwältinnen erzielen 27% ihres Umsatzes aus PKH/VKH-Mandaten, ihre männlichen Berufskollegen lediglich 11%. Ein Grund hierfür ist, dass Rechtsanwältinnen stark überproportional in Rechtsgebieten tätig sind, in denen Rechtsstreitigkeiten häufiger über PKH/VKH finanziert werden, vor allem im Familienrecht. Ein weiterer Grund ist, dass der Altersdurchschnitt der weiblichen Anwaltschaft niedriger ist als jener der männlichen Anwaltschaft. Der Umsatz zulassungsjüngerer Anwälte beruht stärker auf PKH/VKH-Mandaten als bei Kollegen, die bereits länger im Beruf stehen: Wer nach 2005 zugelassen ist, erzielt im Schnitt 21% seines Umsatzes aus PKH/VKH-Mandaten, wer länger im Beruf ist, nur noch zwischen 14% und 16%.

Kilian weist allerdings darauf hin, dass dieser Befund nicht überbewertet werden darf: „Die größere Bedeutung von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe bei jüngeren Anwälte muss nicht zwangsläufig dafür sprechen, dass bedürftige Rechtsuchende besonders häufig mit wenig berufserfahrenen Rechtsanwälten Vorlieb nehmen müssen. Solche Anwälte verfügen in der Regel noch über keine voll ausgelastete Mandatspraxis, so dass die relative Bedeutung der PKH/VKH für ihren Umsatz größer ist.“


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Hinweise für die Redaktionen:
Die Befragung erfolgte im Rahmen einer Studie, für die bundesweit 1.200 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Einstellung und Erfahrungen zu berufsrechtlichen Problemen mitteilten.

Prozesskostenhilfe erhält nach § 114 ZPO eine Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Anwendungsbereich des FamFG, das für familienrechtliche Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wird unter den selben Voraussetzungen die sog. Verfahrenskostenhilfe bewilligt.


Ansprechpartner
Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian
Weyertal 59
50937 Köln

Tel.: 0221 5481 1123
Fax: 0221 5481 1125
Mobil: 0177 884 5827

E-Mail: kilian@soldaninstitut.de